(Gedanken zu dem Bild „Stein der Weisen“ aus Michael Maier’s Atalanta fugiens, Oppenheim,1618)
Sehen und Abgleichen:
Oberflächlich betrachtet ist auf diesem Bild ein Mann zusehen der mit einem Zirkel einen Kreis auf eine Mauer zieht. In der durch den Kreis gezogenen Fläche befindet sich ein Dreieck. Doch warum zieht er diesen Kreis? Welche Bedeutungen könnten der Kreis und das Dreieck haben?
Die Symbole im Dreieck:
Das Dreieck ist mit der Spitze nach oben dargestellt. Ein aus der horizontalen Linie des Dreieckes hervorgehendes Quadrat berührt mit allen vier Ecken die innere Linie des Dreieckes. Das Dreieck wird durch das ihm innen liegende Quadrat in einen unteren und einen oberen Teil unterteilt. Im Quadrat befindet sich ein Kreis, der das Quadrat ausfüllt. In diesem Kreis sind eine männliche und eine weibliche Figur gezeichnet. Die beiden dargestellten Kreise haben nicht denselben Mittelpunkt. Aus dem Mittelpunkt des kleinen Kreises sind die Formen Quadrat und Dreieck entstanden. Der große Kreis steht somit über diesem Konstrukt.
Der große und der kleine Kreis könnten Sonne und Mond symbolisieren. Das Dreieck, ein Symbol für Männlichkeit, kann in diesem Fall durch die Teilung auch das Element Luft symbolisieren. Mann und Frau im kleinen Kreis könnten auf Vereinigung hindeuten. Doch was soll sich hier vereinigen?
Zurück zum Bild. Was ist noch zu sehen?
Im Bildvordergrund liegen auf dem Boden vor der Wand ein Fächer, ein Stock und eine Zeichnung. Auf der Zeichnung sind ein Kreis, ein sechszackiger Stern und ein Quadrat abgebildet.
Liegen die Sachen zufällig auf dem Boden herum oder sollen sie uns einen Hinweis auf die Unbekannte „X“ geben? Ist die Zeichnung ein Entwurf dessen, was auf die Mauer gezeichnet wird?
Der sechszackige Stern setzt sich aus zwei Dreiecken zusammen. Ein Dreieck mit der Spitze nach oben und das andere Dreieck mit der Spitze nach unten. Die Zusammenführung der beiden Dreiecke zu einem Stern könnte somit die Verschmelzung des männlichen und weiblichen Prinzips bedeuten.
Ist das der Stein der Weisen? Warum ist der Mond ein Teil der Sonne oder ist es gar nicht der Mond, der in dieser Zeichnung symbolisiert wird?
Der Baumeister schwingt den Zirkel. Doch was will er bauen. Eine neue Stadt? Im Hintergrund des Bildes sind ein Haus und ein Turm zu sehen. Die Wand, auf die der Baumeister seine Zeichnung ausführt, ist marode. Der Wandputz ist nur partiell vorhanden.
Der restliche Wandputz und das offene Mauerwerk lassen im großen Kreis den Eindruck von einer Weltkugel entstehen. Der Wandputz stellt die Kontinente dar und das Mauerwerk das umliegende Wasser.
Zeichnet der Baumeister vielleicht eine neue Welt? Eine neue Welt mit einem neuen Menschen? Welche weiteren Hinweise gibt es?
Der Mond wird wegen der Reflektion der Sonnenstrahlen auch manchmal „kleine Sonne“ genannt. So wie der Mond das Licht in der Nacht erhellt, so verdunkelt der Schatten den Tag.
Alles ist zu jeder Zeit da – nur die Verhältnisse untereinander sind unterschiedlich.
Ein neues Weltbild?
Ein Weltbild, in dem sich der Mensch endlich als Teil und nicht als Mittelpunkt des großen Ganzen sieht? Die dezentrale Stelle des zweiten Kreises, in dem das Menschenpaar ist, könnte ein Hinweis auf diese Vermutung sein.
Aber was ist mit den anderen Symbolen. Der Fächer? Ein geöffneter Fächer ist ein Symbol für Leben. Der Fächer als solches symbolisiert das Element Luft. Die Luft wird auch auf dem Mauerwerk durch das zweiteilige Dreieck repräsentiert.
Sonne, Luft, Erde, Mond und Menschenpaar. Was ergibt die Neuordnung dieser Faktoren?… und der Kopf raucht weiter! (H.E.B – 2012)